Renaturierung des Michelbachs
Die gelungene Renaturierung des Michelbachs bringt neben Hochwasserschutz großen Mehrwert.
- Zusammenfassung: Ökologogische Sanierung des Michelbachs in einem Abschnitt von 4,3 km: Entfernung von 6 Quereinbauten (6 Sohlstufen, Wehren), Einbau von Buhnen und Kolken, Tieferlegung des Gerinnes für kühleres Wasser mit mehr Sauerstoff und Schutz vor Austrocknung
- Ziel: Hochwasserschutz, durchgängige Fisch-Passierbarkeit (EU Wasserrahmen-Richtlinie), Freizeitbereich
- Ort: Flusslauf zwischen Ortskern von Böheimkirchen und Katastrale Furth, flussaufwärts bis zur Mündung des Stössingbachs
- Laufzeit: Planung & Bewusstseinsbildung ca. 4 Jahre, Umsetzung 3 Jahre (2016-2018)
- Kosten: 3 Mio. Euro
- Förderungen & Finanzierung: Bund 1,8 Mio. Euro; Land NÖ 900.000 Euro; Marktgemeinde Böheimkirchen Gemeindebeitrag 300.000 Euro
- Begleitung und Umsetzung: Wasserbau-Abteilung Land NÖ, Ökologie Wasserbau-Abteilung Land NÖ, Planung & Umsetzung: EZB (DI Martin Mühlbauer), Bau: Firma Traunfellner
Hochwasserschutz mit Mehrwert
Die Revitalisierung des eher wasserarmen Flusses Michelbach umfasste die Entfernung von Querbauten auf über 4 km Länge, die Errichtung von Fischaufstiegshilfen, das Aufbrechen des Gewässerlaufes und die Anpflanzung von Ufergehölzen.
Renaturierung braucht Überzeugungsarbeit
Anfangs war das Interesse der Bevölkerung ausschließlich auf ein technisches Hochwasserschutz-Projekt gerichtet: die ursprüngliche Planung sah drei große Rückhaltebecken vor. Doch Verhandlungen mit den Grundstückseigentümerinnen und -eigentümern scheiterten, wodurch das Projekt in der technischen „Dammform“ nicht realisiert werden konnte. Es brauchte intensive Überzeugungsarbeit der Bevölkerung, um klarzumachen, dass mehr Flussnatur auch einen besseren Hochwasserschutz bieten kann.
Die Bewusstseinsbildung über Jahre hinweg durch den Hochwasserausschuss, den Umweltausschuss und verschiedene Bürgerforen war entscheidend, um den Menschen die Ängste zu nehmen und die Idee der Ökologisierung zu akzeptieren.
Der einstimmige Gemeinderatsbeschluss war dann der Start der Umsetzung. Das Projekt wurde durch Bund, Land NÖ und Marktgemeinde Böheimkirchen (3 Mio. Euro davon Bund 60 %, Land 30 % Gemeinde 10 %) finanziert gemäß Umweltförderungsgesetz.
Vision „Der Fluss lebt“ kann selbst erlebt werden
Es war wichtig, die Bevölkerung von Anfang an einzubeziehen und Nutzen für die Menschen zu schaffen, indem Natur und Freizeit verbunden werden. Inzwischen hat die Bevölkerung den neuen Naherholungsbereich mit seinen vielen Nutzungsmöglichkeiten begeistert aufgenommen.
Der Bereich ist fußläufig vom Zentrum aus erreichbar, an das Radwegenetz angebunden und liegt in der Nähe von familienfreundlichen Wohngebieten. Die Freizeitzone bietet einen Flusszugang, eine Freizeitwiese mit Grillplatz sowie Badebereiche und Liegewiesen. Im November 2017 haben Freiwillige eine Obstbaumstraße mit 25 alten Obstbaumsorten, Schattenbäumen und Wildsträuchern gepflanzt.
Mehr Raum für Fisch & Co.
Der zuvor begradigte Fluss hatte eine Wasserqualität von 3-4 und war für Fische nicht passierbar. Durch die Renaturierung finden heimische Fischarten nun Laichplätze und einen neuen Lebensraum vor. Für den Bereich gilt nun ein neues Pflegekonzept, das die Biodiversität und gesunde Gewässerökologie fördert. Beispielsweise wird die Uferböschung nur einmal im Jahr gemäht, was auch den Aufwand für den Bauhof stark reduziert.
Technische Details zur Revitalisierung
Die Renaturierung des Michelbachs erstreckt sich über eine Länge von 4,3 Kilometern. Durch gezielte Maßnahmen zur Strukturierung des Flusslaufs, wie der Entfernung von Querbauten, der Errichtung von Fischaufstiegshilfen, dem Aufbrechen des Gewässerlaufs und der Anpflanzung von Ufergehölzen, wurde der stark regulierte und begradigte Fluss wiederbelebt.
Ein großer Vorteil dieser Renaturierungsmaßnahmen ist die natürliche Entstehung einer Tiefenrinne, die bei niedrigem Wasserstand die Wärmeaufnahme reduziert. Dadurch bleibt das Wasser stabiler und kühler, besonders in den heißen Sommermonaten.
Die neu entstandenen Kolk-Furt-Abfolgen fördern einen intensiven Austausch mit dem Grundwasserstrom. In den Kolk-Tiefstellen, die bis zu 2,3 Meter tief sind, wurden im Sommer Temperaturen gemessen, die bis zu 8°C kühler sind als im restlichen Flusslauf. Diese kühleren Bereiche bieten wertvolle Rückzugsräume für Fische und andere aquatische Lebewesen und tragen somit zur Erhöhung der Biodiversität bei.
Lokale Buhnenstrukturen tragen maßgeblich zur Umlagerung von Geschiebe und zur Schaffung naturnaher Sohlstrukturen bei. Dadurch hat sich der ökologische Zustand des Flusses erheblich verbessert. Neue Biotope für Tiere und Pflanzen sowie Erholungsräume für die Bevölkerung wurden geschaffen.
Insgesamt stellt die Renaturierung des Michelbachs ein erfolgreiches Beispiel für ökologisches Flussmanagement dar, das sowohl die Fischdurchgängigkeit verbessert als auch die Wasserqualität nachhaltig positiv beeinflusst.
Ausgezeichnetes Ökologisches Projekt Michelbach
Böheimkirchen, eine Marktgemeinde mit 5.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, ist seit 2015 als „Natur im Garten“-Gemeinde bekannt und seit 2018 als e5-Gemeinde zertifiziert. 2023 wurde das Ökologische Projekt Michelbach mit einem Adapterra Award für die besten Klimawandel-Anpassungsprojekte in Tschechien und Österreich ausgezeichnet: Dieses Renaturierungsprojekt zeigt, wie wichtig es ist, die Gemeinschaft in Umweltprojekte einzubinden und die langfristigen Vorteile einer naturnahen Gestaltung zu vermitteln. Der Michelbach wurde so zu einem Modellbeispiel für erfolgreiches, ökologisches Flussmanagement.