Wurzelraumerweiterung Eggenburg

Das Pilotprojekt zeigt, wie man die Vitalität von Bestandsbäumen in dicht verbautem Gebiet fördern kann.

© Ahornbaum auf Platz
Durch das Schwammstadt-Prinzip wird der Wurzelraum unter befestigten Flächen erweitert.
  • Zusammenfassung: Im angewandten Forschungsprojekt wurde ein Solitärbaum in dicht verbauter Umgebung saniert, um diesen wichtigen Bestandsbaum und seine vielfältigen Leistungen zu erhalten. Mittels teilweisem Substrataustausch und einer Wurzelraumerweiterung nach dem Schwammstadt-Prinzip für Stadtbäume wurde der damals 22 Jahre alte Baum saniert.
  • Ziel: Erhaltung von Bestandsbaum im versiegelten Siedlungsbereich
  • Projekttyp: Angewandte Forschung. Prüfung, Anwendung und Wirksamkeit der Methodik zur nach­haltigen Wurzelraumsanierung bzw. Wurzelerweiterung von Bestandsbäumen in Ortszentren
  • Ort: Hauptplatz, Eggenburg
  • Laufzeit: Beantragung der Natur im Garten-Förderung Herbst 2021, Bauphase 6 Tagen (Oktober 2022)
  • Kosten: 30.000 Euro
  • Förderungen & Finanzierung: Natur im Garten, Stadtgemeinde Eggenburg
  • Projektleitung: Mag. Johannes Selinger
  • Planung: Büro Grimm
  • Begleitung und Umsetzung: Stadtgemeinde Eggenburg, NÖ Landesstraßendienst STBA I, Arborist-Baumpflege (Marcus Geyer-Grois), Schnittstelle Baum (Benjamin Schmidt), Verein Land Schafft Wasser (DI Anna Zeiser, Monitoring)

Viele Bäume schmücken auf historischen Aufnahmen den Stadtplatz von Eggenburg. Heute findet man nur noch einen rund 25 Jahre alten Spitzahorn an der südwestlichen Ecke. Die Baumscheibe misst 2 m im Durchmesser, das umliegende Gelände ist versiegelt, der Unterbau historisch verdichtet. Da Kronen­wachstum und Wurzelmasse zusammenhängen, und der Baum deutliche Ausfalls­erscheinungen aufweist, ging man davon aus, dass es bereits Probleme bei Wurzelwachstum und Wasserversorgung gibt.

Im Rahmen des Forschungs­projekts wurde versucht das Wurzelsubstrat auszutauschen, Niederschlags­wasser einzuleiten und den Wurzelraum auf 40 m3 zu erweitern. Dadurch kann sich das Wurzelsystem unter der befestigten Oberfläche weiterentwickeln und der Baum an Langlebigkeit und Vitalität gewinnen. Das Schwammstadt-Prinzip kam dabei in Einsatz.

© Niederschlag kann vor Ort gespeichert werden, die Pflanzen können das Wasser nach und nach aufnehmen.
Wenn der Niederschlag vor Ort gespeichert werden kann, bringt das viele Vorteile.

Ausgangsposition

Der Baum eignete sich für das Projektvorhaben, da Oberflächenwasser der Umgebung ungefiltert verwendet, Dachwasser von umliegenden Gebäuden genutzt und die Wurzelraum­erweiterung unge­hindert vorgenommen werden kann. Zudem sorgt der „prominente“ Ort bei Passantinnen und Passenten für Aufmerksamkeit, was zur Bewusstseinsbildung für Klimawandel­anpassungs­­maßnahmen beiträgt.

Die Methode der Wurzelsanierung mittels teilweisem Substrat-Austausch und Wurzelraum­erweiterung nach Schwamm­stadt-Prinzip ist in Schweden mehrfach erprobt. Das Projektteam ist ständig, auch während der Arbeiten, mit Stockholm in Kontakt.

6 Tage bis zum Ziel

Die Straßenmeisterei übernahm die Vorbereitungsarbeiten wie Asphaltschnitt und Entfernung der Deck­schicht. Im Vorfeld fand ein Versickerungstest statt, um die Schwammstadt-Grube richtig auszugestalten. Mit Handschaufel und Bagger wurde das bestehende Substrat vorsichtig abge­tragen.

Im Zuge des Projekts wurde geprüft, inwieweit sich normales, kommunales Gerät eignet. Es zeigte sich: ein normaler Schlammsaugwagen reicht nicht aus. Es wird empfohlen in Zukunft zu prüfen, ob man einen Saugbagger anmietet, um Wurzeln und Infrastruktur zu schonen, und Arbeitszeit einzusparen.

Aktive Infrastruktur wurde geschützt, stillgelegte entfernt, Erdungsbänder verlegt, und für die Regen­wasser­nutzung ein Einlauf- und Verteilschacht gesetzt. Die Wurzeln wurden untersucht und von den Baumpflegern gegen Pilze und Austrocknung behandelt. Zudem wurden Mess-Sensoren für das Monitoring platziert. Nach Einbringung der Schwammstadt-Schichten wurde der übliche Straßenunterbau eingebracht.

Die Analyse des Wurzelgeflechts hat gezeigt, dass ausschließlich rund um die Baumscheibe ein Feinwurzelgeflecht ausgebildet war, und sich nur wenige Primärwurzeln aus diesem „Gefängnis“ entwickelt haben. In den nächsten Jahren wird sich zeigen, wie sich die Erweiterung auf 40 m3 Schwamm­stadt auf die Vitalität des Baumes auswirkt. Durch die gesetzten Matrixpotential-Sensoren kann beobachtet werden, ob und wie schnell sich das Wurzelgeflecht ausweitet. Der Dendrometer misst die Zunahme des Stammumfangs. Das Projekt unterliegt auch weiterhin einem Monitoring.

Kostenabschätzung für zukünftige Projekte

Die Kosten für so ein Projekt sind schwierig abzuschätzen, da es zu unvorhersehbaren technischen und logistischen Schwierigkeiten kommen kann. Selbst in den besten Plänen sind nicht alle Leitungen ver­zeichnet. Im Rahmen des Forschungsprojekts musste z.B. ein stärkerer Kompressor kurzfristig angemietet werden, obwohl laut technischer Daten der vorhandene Gerät gepasst hätte. Das bedeutete zusätzliche Kosten und Wartezeit auf der Baustelle.

Die tatsächlichen Kosten für die erste Versuchsbaustelle betrugen ca. 30.000 Euro. Die größten Kosten­treiber waren die LKW-Fahrten für den Abtransport des Aushubs, die Arbeitszeit und die Maschinen­miete. Im Vergleich dazu hat das benötigte Material einen geringen Einfluss auf die Gesamt­kosten.

Die Gemeinde hat die Gelegenheit genützt, und zudem wichtige Arbeiten an der unterirdisch verlaufenden Infrastruktur vorgenommen.

Der Wert eines Baumes

Je nachdem, zu welchem Nutzen ein Baum gepflanzt wird, schätzen wir seinen Wert unterschiedlich ein. Es gibt unterschiedliche Bemessungen dafür, wie z.B. den volkswirtschaftlichen Holzwert durch die Ver­wertung oder den sozioökonomischen Wert durch die Leistungen wie Kühlung durch Verdunst­ungs­leistung über die Blattfläche, Wind- und Sonnenschutz, Filterung von Staub, Bereitstellung von Sauerstoff, Schatten und auch das Schaffen von Aufenthaltsqualität.

© Vergleich von einem alten Baum und vielen jungen Bäumen
Der Erhalt von großen Bäumen zahlt sich aus.

Ab einem Alter von zumindest 25 Jahren kann ein gesunder Baum diese Leistungen erbringen, daher zahlt es sich aus Baumbestände zu erhalten und ihre Vitalität zu fördern. Es ist leider ein bekanntes Problem, dass Bäume im Ortsgebiet kaum älter als 20 Jahre werden, und dann absterben. Der häufigste Grund ist die zu klein bemessene Baumgrube. Wird ein neuer Baum gepflanzt ent­stehen Kosten durch den Ankauf, den Transport, das Pflanzen, das Gießen und die Pflege, die gerade bei Jungbäumen sehr wichtig ist und jährlich anfällt. Auch im Schwammstadt-Prinzip gesetzte Bäume benötigen eine Jungbaumpflege, da die Bäume erst nach 3-5 Jahren Wachstum die Schwammstadt-Schicht erreichen. Unterschiedliche Bemessungen listet das Deutsche Baumpflegeportal auf, sowie das BMK.

Best-Practice